Das Buch bietet eine Lektüreauswahl alter Texte unter dem Gesichtspunkt des "Bildes vom Nachbarn". Es soll die Adressaten aufklären über die Jahrhunderte währende Gegenwart der Rusinen bzw. Ukrainer auf der Landkarte Europas. Die jahrhundertelange Nachbarschaft war nämlich ebenso reich an Zeiten friedlicher Koexistenz wie an militärischen Auseinandersetzungen. Um das Wesen des "Nachbarn" ganz zu verstehen und zu akzeptieren, muß man zuerst seine Vergangenheit kennenlernen.
Die Abhandlung ist in zwei thematische Bereiche untergliedert. Im ersten, der den Titel Historiographen und Verfasser von Lebenserinnerungen trägt, konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung der ukrainischen Gebiete durch polnische Geschichtsschreiber (unter anderem Jan Długosz, Maciej z Miechowa, Marcin Kromer, Maciej Stryjkowski) und durch Autoren von Tagebüchern und Memoiren wie Joachim Jerlicz, Mikołaj Jemiołowski, Stanisław Oświęcim oder Jan Tomasz Józefowicz.
Die Texte des ersten Teils geben auch ein Bild von den ukrainischen Gebieten in der Zeit des blutigsten Aufstands Mitte des 17. Jahrhunderts. Diesmal wird hauptsächlich zur Erinnerungsliteratur gegriffen, einer subjektiven Quelle, die aber gewiß sehr nahe an der Wirklichkeit und dem authentischen Dilemma des Adels ist. Aus den erwähnten Texten erhalten wir Informationen über Gemetzel, Schlachten, Grenzfestungen und herausragende Kommandeure.
Im zweiten Abschnitt der Arbeit sind Skizzen zusammengestellt, in denen die Frage nach der ‚literarischen Werkstatt' der Schreibenden das beherrschende Thema ist. Die Analyse der Korrespondenz Bohdan Chmielnickis gibt Aufschluß über den hervorragenden Sinn des Hetmans für Diplomatie. Darüber hinaus weist sie — was nicht unbedeutend ist — auf die tiefgehenden Verbindungen des Kosakenführers mit der polnischen Kultur hin. Die Epistolographie des Hetmans sagt viel aus über sein Weltbild, seine Wertvorstellungen, seine Art der Machtausübung und die Vorgehensweise in der Außenpolitik. Sein Briefwerk ist ein Hauptargument für die Verbundenheit des Kosaken mit der polnischen Kultur. Die Briefe Chmielnickis, der unter literarischen Gesichtspunkten kein sehr herausragender Epistolograph der altpolnischen Zeit ist, klären auf über seine Anhänglichkeit an die polnische Sprache, eine unverfälscht kernige, ohne Fremdwörtelei. Die Tatsache, daß die große Menge der Briefe des Kosakenführers auf polnisch verfaßt ist, reiht ihn ein in die Schar altpolnischer Schriftsteller. Dieser Umstand erlaubt es, seinen Nachlaß im Kontext der alten Epistolographie zu analysieren. Die Briefe des Hetmans zeugen von gründlichen Kenntnissen in rhetorischen Regeln und Konventionen. Chmielnicki war die ars epistolandi nicht fremd.
Die Studie über die Entstehung des Begriffes "Hajdamak" und seiner Ableitungen führt zu dem Ergebnis, daß die erste Verwendung dieses Wortes in der Zeit um die Mitte des 17. Jahrhunderts zu lokalisieren ist. Das Memoirenmaterial erlaubt die Schlußfolgerung, daß das Lexem den Polen bedeutend früher bekannt war als dies die lexikographischen Bestimmungen der Sprachwissenschaftler behaupten. Offenbar kam das Wort gleichzeitig mit der stärker werdenden ‚Hajdamakisierung‘ der ukrainischen Bevölkerung in Mode. Das wird auch von Beobachtungen über die Häufigkeit dieser Begriffe in Dokumenten des 18. Jahrhunderts bestätigt.
Die Arbeit schließt mit Skizzen über den Stil altpolnischer Lebenserinnerungen. Die ausführliche Analyse ausgewählter Überlieferungen führt zu dem Schluß, daß in dieser Art von Texten der alltagssprachliche Stil dominiert, wobei jedoch auch Elemente der Rhetorik in ihnen nicht fehlen.
|
|